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Schlüsselwörter: Unterscheidung von Medium und Form - Sprache - Beispiel für den gesellschaftlichen Gebrauch der Unterscheidung von Medium und Form ist die Sprache. Sie besteht aus einer ziemlich großen Menge von Worten und einigen Kombinationsregeln, also einer Grammatik. Die Worte sind aber nicht die Formen des Mediums, sondern sind seine Elemente, die im Gebrauch des Mediums als nicht weiter auflöshare Komponenten vorausgesetzt werden. Zur Formbildung kommt es erst, wenn Sätze gebildet werden, denn nur Sätze artikulieren Kommunikation. Sprachlernen vollzieht sich daher nicht in der Weise, daß zuerst die Worte gelernt werden, dann die Kombinationsregeln und schließlich Sätze gebildet werden. Vielmehr wird Sprache unmittelbar als Einheit der Differenz von Medium und Form gelernt. Man versucht die Bildung von Formen (Sätzen, satzäquivalenten Ausrufen) und erweitert, wenn kommunikativ erfolgreich, allmählich das verfügbare Repertoire. Auf diese Weise entsteht Sprachkompetenz als Fähigkeit des selektiven, situationsangepaften Umgangs mit dem Medium. - Differenzierungsschübe in der soziokulturellen Evolution scheinen mit der Einführung neuer Medien für neue Formbildungen Die Antwort suchen wir mit Hilfe der Unterscheidung von Medium und Form. Diese Unterscheidung hat zunächst den Vorteil, daß sie von Zeit abstrahiert und damit das Problem des »noch nicht« löst. Medien und Formen werden immer miteinander, also gleichzeitig reproduziert. Das Medium ist nicht die noch unbestimmte Zukunft möglicher Formen. Es wird vielmehr mit jeder Form appräsentiert. Das Medium Geld zum Beispiel mit der quantitativ fixierten Zahlung. Das erklärt nicht zuletzt, daß man einen Rückblick auf vergangene Formbildungen, also Gedächtnis braucht, um zu erklären, wie man Medien zu Formen kondensieren kann (oder in unserem Beispiel: wieso man damit rechnen kann, daß an sich unbrauchbares Geld angenommen wird). Das vielleicht griffigste Beispiel für den gesellschaftlichen Gebrauch der Unterscheidung von Medium und Form ist die Sprache. Sie besteht aus einer ziemlich großen Menge von Worten und einigen Kombinationsregeln, also einer Grammatik. Die Worte sind aber nicht die Formen des Mediums, sondern sind seine Elemente, die im Gebrauch des Mediums als nicht weiter auflöshare Komponenten vorausgesetzt werden. Zur Formbildung kommt es erst, wenn Sätze gebildet werden, denn nur Sätze artikulieren Kommunikation. Sprachlernen vollzieht sich daher nicht in der Weise, daß zuerst die Worte gelernt werden, dann die Kombinationsregeln und schließlich Sätze gebildet werden. Vielmehr wird Sprache unmittelbar als Einheit der Differenz von Medium und Form gelernt. Man versucht die Bildung von Formen (Sätzen, satzäquivalenten Ausrufen) und erweitert, wenn kommunikativ erfolgreich, allmählich das verfügbare Repertoire. Auf diese Weise entsteht Sprachkompetenz als Fähigkeit des selektiven, situationsangepassten Umgangs mit dem Medium. Das Beispiel Sprache zeigt auch, daß das Medium bei allem Sprechen vorausgesetzt und zugleich reproduziert wird. Das Medium wird also nicht »konsumiert«. Es wird durch Gebrauch nicht verbraucht, sondern im Gegenteil erneuert und wieder verfügbar gemacht. Bedeutende Differenzierungsschübe in der soziokulturellen Evolution scheinen mit der Einführung neuer Medien für neue Formbildungen zusammenzuhängen. Das gilt zu allererst für die evolutionäre Errungenschaft der Sprache als Bedingung für das Entstehen eines autopoietisch-rekursiven Gesellschaftssystems. Es gilt für das Auftauchen des (gemünzten) Geldes als eines Mediums, das noch unbestimmte Zahlungsvorgänge allein durch die Aussicht auf Wiederverwendung desselben Geldes und unabhängig vom religiösen oder politischen Status des Geldwertgaranten garantiert. Es gilt, in engem Zusammenhang damit, für die Entstehung von politischer Amtsmacht, die sich in ihren Entscheidungen reproduziert unabhängig davon, wer jeweils das Amt innehat. Es gilt für die Entstehung verschiedener Medien in einem Bereich, der dann später zur schönen Kunst zusammengefasst wird; hier als Ablösung von einem lediglich ornamentalen, Eindruck verstärkenden, auf Verborgenes hinweisenden Kunstverständnis älterer Gesellschaften, unabhängig also von der Unterscheidung Oberfläche/Tiefe, die die ältere Kunst nicht zuletzt an Religion zurückverwiesen hatte. Wie es zu »kataklysmischen« Entwicklungen dieser Art, die jeweils fest institutionalisierte Kulturen außer Kraft setzen, gekommen ist, bleibt letztlich unerklärt. Die Evolutionstheorie würde auf eine Zufallskomponente zurückgreifen, die Theorie nichtlinearer dynamischer Systeme auf geschichtliche Lagen, die einer solchen Bifurkation eine Chance geben. Weder kann man generell von einer Überlegenheit differenzierterer, komplexerer Formen ausgehen; noch kann man behaupten, daß ein neues Schema Medium/Form erfunden und durchgesetzt wird. Wohl aber läßt sich ausmachen, daß Prozesse der Ablösung aus bisherigen historischen und institutionellen Bindungen (disembedding) die Orientierung an einem neuen Medium voraussetzen, das ihre Formbildung von bisherigen Bedingungen unabhängig macht.
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